Haute Savoie.... oder die Geschichte mit dem Licht, der Fotokamera und dem defekten Handguard

Freitag, 06.11.2015

Ich fahre mit den Kollegen der Motocrew an die Abdankung eines leider Verstorbenen Kameraden.
Wir sind an die 40 Motorräder, quasi das letzte Geleit.
Ein trauriger Moment.
Seine Sätze wie "alles Fahrbar" werden uns immer in Erinnerung bleiben.

Gegen 17:00 Uhr bin ich wieder zuhause. Rechtzeitig um die letzten Vorbereitungen für unsere Weekend Tour ins Französische Departement Haute Savoie zu treffen.
Motorräder tanken, Öl und Luft kontrollieren.
Ich bin gerade fertig, da kommt auch Corinne nach Hause.

Wie geplant starten wir um 18:30 Uhr. Fahren los, voller Vorfreude auf eine schöne Tour.
Kaum aus der Garage gefahren, fällt mir auf das Corinne kein Licht hat an ihrem "Luuszapfe".
Mist....
An der Tankstelle kurz vor unserem Wohnort, demontiere ich die Lampenmaske am Duke.
Bin ziemlich genervt.
Wie kriegt man dieses ****teil blos runter.
HaPe, ein gemeinsamer Freund fährt zu, leistet Hilfe. Eine passende Birne hat aber auch er nicht.
Wo jetzt um diese Zeit einen Ersatz herkriegen?
Keine Chance.
Wir entscheiden das Corinne nun halt mit Volllicht fährt.
Die Leuchtweite wird auf ein Minimum herunter gedreht um die entgegenkommenden Fahrzeuge nicht übermässig zu blenden.
"da gaht scho soo"

Die Übung hat uns mehr wie eine Stunde Zeit gekostet.
Aber was solls, Villeneuve, wir kommen. Um das Licht kümmern wir uns morgen.
21:30, wir treffen im Hotel "la Porte" in Villeneuve ein.
Das Restaurant hat bis 23:00 Uhr "warme Küche". Wir sind dankbar und lassen uns eine Lasagne schmecken. Witzeln darüber ob es nun "öööö oder ünnne Biere" heisst.
Kollegen raten aus der Ferne via Facebook zu "trois Biere", was wir dann auch tun.
Klappt hervorragend.



Samstag, 07.11.2015

Villeneuve




Das Frühstück im "la Porte" ist ok, mehr aber auch nicht. Wir Googeln nach einer Motorrad Werkstätte.
Zu weit weg. Wir lassens, hat ja gestern gut funktioniert. Fährt halt Corinne eine Weekend lang mit Volllicht.
Die Motorräder aus der Garage geholt, Gepäck aufgeschnallt, alles bereit zum losfahren, lasse ich die Sony zu Boden fallen.
Optisch gesehen hat sie den Sturz gut überstanden.

Los gehts bei strahlend blauem Himmel in Richtung Evian am linken Genferseeufer.
In Evian gehts hoch in Richtung Chevenoz und rein ins Val d' Abondance.
Mit dem Col du Corbier steht der erste Pass auf der Route an.
"Route Barrè" heisst es am Eingang der Ortschaft Bonnevaux.
Wir versuchens trotzdem. Vielleicht gibt es ja für uns trotzdem ein kleines Schlupfloch.
Auf der Passhöhe ist sie dann da die "Barrè". An der kommen wir vorbei, kein Problem. Die Spuren links an der Absperrung verraten das wir nicht die ersten sind.
Ein paar Kurven später ist dann aber Schluss. Ein Absperrgitter versperrt den Weg. Aber auch da wäre ein weiter kommen nicht unmöglich.
Aber ich glaube die Franzosen kennen ihre Pappenheimer. Unmittelbar nach der Absperrung versperren zwei Sandhügel mitten auf der Strasse den Weg.

Ich will ein paar Fotos der Absperrung machen. Es bleibt beim wollen.
Beim fallen lassen der Sony heute morgen, habe ich das Objektiv geschrottet. Nichts geht mehr.
So sehr sich die kleine Kamera auch Mühe gibt das Motiv scharf zu stellen, sie scheitert kläglich.
Blöd... das bedeutet für den Rest der Tour für jedes Foto die Handschuhe aus zu ziehen um mit dem Iphone zu föttelen.
"höööömmmm" ganz ruhig bleiben



Wir drehen um, fahren zurück über die Passhöhe nach Bonnevaux und fahren über den "La Forclaz"


Keine schlechte Entscheidung. Die Strasse macht mächtig Spass. Natürlich sehe ich gerade jetzt gefühlte 100 Motive die ich gerne geknippst hätte. Aber jedesmal Handschuhe aus? "Nei danke, löööhmers"

Bei "Le Jotty" biegen wir wieder auf die geplante Route ein. Sind unterwegs zum "Col de Jambaz".
Dieser hat keine Wintersperre. Die Sonne steht tief, blendet. Entsprechend drosseln wir das Tempo.
Der nächste Pass wäre der "Col de Ramaz". Unterwegs ein traumhafter Ausblick auf den "Mont Blanc". Aber die Sony verweigert weiterhin ihren Dienst.

"Route Barrè", zum zweiten Mal heute. Auch hier fahren wir trotzdem hoch zur Passhöhe.
Was solls, macht auch so Spass. 


Fahren wir halt den gleichen Weg wieder zurück.
Sind jetzt jedoch wenig zuversichtlich dass das einfach nur Pech ist und die anderen Pässe wie der "Col de Joux Plane" nicht auch geschlossen sind.

Wir ändern spontan die Route und nehmen den direkten Weg nach Cluses, haben beim "Col de la Colombiere" mehr Glück. Bereits in Cluses ein Schild, "Col de la Colombiere ouvert"



Die Strasse über den Pass und runter nach "Saint Jean de Sixt" ist herrlich. Die Aussicht wunderbar.
Wir nehmen den "Col des Aravis" in Angriff.
Sind für einmal nicht alleine unterwegs. Französische Motorradfahrer fallen uns durch ihre halsbrecherischen Überholmanöver auf. Überholen an den unmöglichsten Orten um danach auf ihren "Zwiebackfräsen" vor der nächsten Kurve im Weg zu stehen.

Megeve... wieder der Blick zum "Mont Blanc" einfach traumhaft. 



Ich gebe nicht auf, versuche nochmals mit der Sony ein Foto zu schiessen.
Siehe da, die kleine tut wozu sie gebaut wurde, als sei nie etwas gewesen.



So langsam sind wir Müde.
Es beginnen die wohlbekannten berüchtigten letzten 40 Kilometer.
Diese ziehen sich für gewöhnlich wie Kaugummi in die Länge. 
Nicht so heute.
Wir fahren auf die D1205 Richtung Chamonix. Während einer Baustelle wir noch ein wenig unsere Geduld geprüft, dann aber haben wir freie Fahrt. Autobahnen und Schnellstrasse sind meist eher langweilig. Aber diese Strecke macht richtig Spass.

Zum zweiten Mal in diesem Jahr sind wir in Chamonix. Diesmal ein anderes Hotel. 





Im Frühling waren wir in der Nähe einer Techno Disco... "bum bum bum bum bum"... bis morgens um fünf Uhr.
Heute Nacht wirds ein Rock Konzert sein, aber das wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Das Hotel Zimmer gefällt uns, ist sehr zentral gelegen, ein paar Schritte und es stehen zwei Biere auf dem Tisch.
Wieder die Frage "öööö oder ünnnne" auch der Zusatz "grande" bringt uns in dieser Frage nicht weiter. 
Wieder wissen einige unserer Freunde im Facebook ganz genau wie es gehen müsste, aber eben, aus der Ferne schlaue Ratschläge geben statt mit kommen.



Die gewählte Pizza macht satt. Das ist das einzige was ich dazu sagen möchte.
Das "Creme Brülllee" macht dagegen Freude.
Es ist noch nicht acht Uhr wie wir hundemüde unter die Decke kriechen. So langsam mach ich mir Sorgen. Früher war das ganz anders, ich schwörs.

Sonntag, 08.11.2015

Das Hardrock Konzert in der Nähe unseres Hotels hat unseren Schlaf nur wenig gestört. Wir versuchen noch dahinter zu kommen in welche Schublade man diesen Musikstil packen könnte, geben aber auf.
Das Frühstück ist toll. Das Personal sehr freundlich, ja fast fröhlich. Aha, wenn wir raus sind, dann schliessen die hier für drei Wochen, haben also Ferien bevor dann der Weihnachts Trubel beginnt.
Deswegen die Fröhlichkeit.
Wir packen einmal mehr unsere sieben Sachen. Im packen haben wir ja inzwischen Routine.
Die Sony funktioniert übrigens tatsächlich wieder tadellos. Schwein gehabt.
Via "Argentiere" und "Valorcine" gehts zurück in die Schweiz, über den "Col de la Forclaz" hinunter nach Martigny.





In Martigny nehmen wir die Autobahn Richtung Aigle. Wollen mal sehen ob der "Les Agites" noch geöffnet ist.
Eigentlich ist er es nicht. Da aber zahlreiche "Wadtländer, Walliser und Berner" anderslautende Zeichen ignorieren, tun wir es auch und verlassen das Wallis quasi durch die Hintertüre.

Wieder geniessen wir traumhafte Ausblicke. Diesmal über den Genfersee. Das Wetter ist ja aber auch traumhaft. 18 Grad schon den ganzen Tag. Kein Gedanke daran das in wenigen Wochen schon die Adventszeit beginnt.




In "La Léecherette" biegen wir in die Passstrasse des "Col des Mosses" ein. In "Chateau D'Oex ist wieder einmal ein Tankstopp fällig.
Am Noten Automat vertippe ich mich bei der Wahl der Säule und spendiere einem Unbekannten der nach uns an diese Tankstelle kommen wird für 10 Franken Diesel.

Auf dem Navi wähle ich für den Heimweg einen kleinen Umweg über "Abläntschen/Mittelberg" und den Jaun Pass aus.
Bin überrascht das es bereits in Rougemont den Berg hoch gehen soll. Scheint plausibel, probieren wirs aus. Umdrehen können wir allemal.

Die Strasse wird ein ums andere Mal abenteuerlicher. Eine Fahrverbotstafel sehe ich nirgends.
Bald stehen wir auf der Krete. "La Forcla" steht auf einem Wegweiser. 
"Hm... da goht aber zemmil nedsi"


Ich entschliesse mich zuerst mal zu Fuss den Weg zu erkunden. Steil, aber alles Fahrbar.
An der steilsten Stelle sind die Furchen mit Teer ausgegossen worden. Das dürfte unseren Gummis genügend halt geben.
Wir sind mutig und versuchens.... laaangsam... gaaaanz langsam gehts hinunter.
Es wird steiler, steiniger. Wieder gehe ich zu Fuss voran.
Doch... das müsste gehen.


Wir fahren weiter... mehr und mehr kommen wir ins rutschen.. der Asphalt welcher vorhin noch geholfen hat ist weg. An seiner Stelle liegt nun loses Geröll.
Es wird noch steiler und ausgesetzter.
sch*****... auf was für ein Abenteuer haben wir uns denn da eingelassen.



Ich fahre, so man das überhaupt noch fahren nennen kann voraus. Corinne ist hinter mir.
Ich kann sie nicht sehen, nur hören, auf dem Funk. Und ich höre das sie gestürzt ist, höre aber auch das sie nichts ab bekommen hat.
Im Gegensatz zu ihrem "Luuszapfe" dieser liegt auf der Seite und lässt ein "Ohr" hängen, sprich der linke Handguard hats erwischt.
Easy... das ist nur ein Plastik Anbau Teil.
Bei Corinne mach ich mir mehr Sorgen. Hat sie den Sturz wirklich so Problemlos überstanden?
Auch wenn im Schritt Tempo unterwegs, da kann immer mal was passieren.
Aber an dieser Stelle seis wieder mal erwähnt. Wer bei der Schutzbekleidung spart, spart am Ende  am falschen Ende und riskiert seine Gesundheit.

Corinnes "Latitude" von "KliM" hat seinen Dienst getan und schützt sie vor Schmerzen und vor Verletzungen.
(gibts bei mmd-adventures)

Haben wir zuviel gewagt? Wenn wir uns entschliessen kehrt zu machen, kommen wir da allenfalls wieder hoch?



Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wir entscheiden uns für Talwärts, wissen das da unten irgendwann die Passtrasse kommen wird.
Aber erstmal ist fertig mit fahren... wir schieben, bzw rutschen den Weg hinunter.
Sobald ich die Vorderbremse los lasse, mag das Hinterrad alleine die 240 Kilo der "Dicken" nicht mehr bremsen und rutscht. Mit der Vorderbremse zusammen geht es.
Wieder einigermassen festen Boden unter den Rädern, lasse ich die "Dicke" stehen, laufe wieder den Weg hoch um anschliessend den "Lusszapfe" runter zu rutschen.

Wieder gehe ich ein Stück voraus, denke es wir besser, um nach der nächsten Kehre wieder vor einer Kante zu stehen.
Auch hier erscheint mir ein runter fahren zu heikel. Es fehlt der Auslauf um das rutschende Gefährt wieder sinnvoll zu verlangsamen.
Es wird wohl Fahrer geben die sowas mit einer Hand auf dem Rücken fahren würden. Wir gehören nicht dazu. Auch die nächsten beiden steileren Stücke entscheiden wir uns für den "schiebemodus".

Endlich wird die Strecke besser, wir können uns wieder fahrender weise vorwärts bewegen. Und irgendwann ist sie auch da, die Passstrasse.
Geschaft!!!
Puuhh!!!

Auch hier sehe ich kein Fahrverbot. Nur ein Wegweiser zur Alp "La Forcla"
Egal, wir sind durch.
Das Motorrad fühlt sich nach dieser extra Tour viel vertrauter an. Ein Gefühl das ich aus Offroad Trainnings her schon kenne. Für Corinne ist es neu.
Wir lassen es hoch zum Jaun ziemlich krachen.
"Echli dore löfte"
Wir sind ehrlich gesagt ziemlich nass geschwitzt.
Auf dem Jaun gibts erstmal eine Pause und etwas zu trinken. 
Das erlebte wird besprochen.. mit jedem Mal wir der Weg steiler, der Schotter tiefer und der Abhang noch überhängender.
Die Fotos enttäuschen, bzw täuschen. Sie täuschen darüber wie steil und rutschig das ganze tatsächlich war.
Aber egal.. wir habens erlebt, sind etwas stolz und etwas geniert. Stolz darüber den Weg bewältigt zu haben. Geniert, das wir dämlich genug waren ihn zu fahren.

In Thun nehmen wir die Autobahn. Dichter Kolonnen Verkehr bis fast vor die Haustüre.
Auch wenn sich unser Abenteuer auf dem Wanderweg gefährlich liest, dies war und ist wohl der wirklich gefährlichste Teil unserer Ausfahrt.

18:30 Uhr, wir sind wohlbehalten wieder zuhause.