33 Grad und es wird noch heisser

Trotz den meist schlechten Wetterprognosen starten wir einen zaghaften Versuch und fahren Richtung Gotthard.
Die Schöllenen ist wegen eines Steinschlages seit Wochen gesperrt.
Entsprechend lang ist der Stau auf der Gotthard Autobahn.
Da werden wohl neue Bekanntschaften geschlossen, Adressen ausgetauscht. Ja teilweise soll sogar Fussball gespielt worden sein.
Von all dem bekommen wir nicht viel mit, sehen zwar die Auto Kolonne.Wir sind jedoch auf der Kantonsstrasse unterwegs.
Biegen links ab ins Maderanertal. Vorbei an einem Schild welches Hinweise zur Benutzung der Strasse gibt.
Aber eben, vorbei.
Wir wollen wenden.
Wenden um uns das Schild genauer anzusehen.
Corinne, mit wenden ist umkehren gemeint, nicht das Motorrad wenden.
Das schwarze runde sollte dabei auf der Strasse bleiben.
Ich helfe aufstellen.
Nichts passiert, nur das Ego der Fahrerin ist etwas angekrazt.


Wir dürfen gemäss Schild passieren. Sind innerhalb der angegeben Zeit für die Bergfahrt.
Die Strasse ist extrem ausgesetzt. Nur ein dünnes Geländer schützt vor dem Abgrund.
Die Kehren in den Fels gesprengt.



Bei der Seilbahn Station genehmigen wir uns einen Kafi. Ab hier ist Fahrverbot und es geht die selbe Strecke zurück.
Bei der Talfahrt erscheint uns das Strässchen noch aberwitziger, noch ausgesetzter.

Auf der Kantonsstrasse erreichen wir den Abzweiger zum Susten, gewinnen schnell an Höhe.
Teils Meterhohe Schneemauern säumen den Strassenrand.
Die Fahrbahn nass, teilweise ist Schnee auf die Strasse gerutscht.
Vorsicht !




Das Wetter ist traumhaft. Weit und breit nichts von Regen und Gewitter zu sehen.
Wir erweitern unsere Planung, nehmen den Grimsel in Angriff.

Zwei GS'en kleben uns am Heck, zwei Deutsche wie wir später erfahren.
Zwei rollende Wohnklos später, die GS'en sind immer noch da.
OK, wir drehen auf. Bis dahin war Strohfeuer, jetzt schalten wir um auf Steppenbrand.
Die Gummikühe im Schlepptau.
Ich erwische einen Bitumenstreifen, rutsche ein wenig. Bitumenstreifen sind eine hässliche Erfindung um Strassen zu reparieren.
An heissen Tagen sind sie rutschig wie sau.

Wir erreichen das Restaurant Grimselblick. Corinne erntet anerkennende Worte betreffend ihrem Fahrstil von den beiden Deutschen.
Sie wächst, ist jetzt beinahe 1.80.
Wir haben Hunger und Durst.
"Fröilein, en Wallisertäller und en chline gmeschte, zwei halbi Mineral bitte".
Die zwei GS Fahrer zieht es weiter an den Lago Maggiore.


Das Wetter ist nach wie vor verheissungsvoll. Die zu erwartenden Gewitter sind noch nirgends auszumachen.
Wieso also nicht weiter zur Furka, dem Gotthard und runter ins Tessin?

Gesagt getan.
Schnell sind wir auf der Furka. Es hat ungewöhnlich wenig Verkehr.
Die Sperrung der Schöllenen zeigt Wirkung.


In der Ferne ist der Oberalp zu sehen. Wer weiss, vielleicht Morgen.

Hospental und rechts hoch zum Gotthard.
Kein Auto weit und breit, kein Reisecar, kein Wohnmobil, rein gar nichts versperrt die Kurvenhaz.
Wir lassen es knallen. Immer mit einem Auge auf dem Tacho.
Es würde mich nicht wundern, wäre gerade heute ein Gebühreneintreiber auf der Lauer nach übermütigen Motorradfahrern.



Ich müsse auch mal auf ein Foto meint Corinne.
Voila


Die Fahrt runter ins Tessin ist genauso ein Erlebnis wie vorhin bergauf. Wir sind völlig alleine unterwegs, geniessen es entsprechend.

Unten angekommen hat die Dicke Durst. Sie säuft eh wie ein Loch im Vergleich zu der 690er Duke von Corinne.
Wir tanken, nehmen die Autobahn nach Bellinzona und weiter nach Locarno.
Wollen ins Maggia Tal, genauer an dessen Ende, zum Lago dei Sambuco, ein kleiner Stausee.
Vorbei an einem scheinbar nicht enden wollenden Stau auf der Gegenseite.
Wir haben freie Fahrt.
Und Wind, sehr viel Wind. Scheinbar von allen Seiten.
Es wird wärmer und wärmer, sehr viel wärmer.
Mittlerweile bereits 28 Grad und wir sind noch nicht in Bellinzona unten.
Am Ende sollen es 34 Grad werden.
Ist das schon Niedertemperatur garen?

Wir biegen ein ins Maggiatal. Die Strecke zieht sich. Es ist bereits halb sechs und wir sind uns bewusst, das wir bald denselben Weg zurück fahren werden.
Oft schreibt man wie schön, wie toll, wie erlebnisreich, reisen mit dem Motorrad ist.
Ist es auch.
Aber schreibt man auch wie eintönig einem gewisse Strecken zuweilen vorkommen können?
Wie unbequem der Hobel wird? Von Minute zu Minute unbequemer.
Der Blick aufs Navi zeigt es sind noch 28 Kilometer bis zum Stausee.
Ich hoffe wir werden belohnt.
Belohnt mit einem schönen Ausblick, mit einer schönen Strecke. Vielleicht sogar mit beidem.

Die Strecke zumindest wird interessanter, abwechslungsreicher und fordender.
Sofort ist alles gejammere von vorhin vergessen.
Wir geniessen.
Erreichen nach einer tollen Strecke die Staumauer vom Sambuco.

Es ist kurz nach sechs Uhr.



Nach einer kurzen Rast beschliessen wir, uns in Locarno ein Zimmer zu suchen und machen uns auf die Socken.... ähh Räder.

Unterwegs streikt wie aus dem nichts die Hinterbremse an der Dicken.
Ohne Vorwarnung, ohne das klitze kleinste Anzeichen.
Zack Bremshebel drücken und nichts geht.

"Weisch wie blöd"

Macht sie übrigens nicht zum ersten Mal.
Ist ein bekanntes Übel an der 990er Adventure, Quasi ein Konstruktionsfehler.
Sicher aber auch ein Weckruf, dass der Service jetzt dringendst ansteht.

Es wird wieder wärmer und wärmer.
Auch jetzt, wie wir Locarno erreichen, sind es noch gegen 33 Grad .

Einmal um den Kreisel, rechts abbiegen ... oh Einbahn.. also nochmals rund um den Kreisel.
Zwei Runden genügen.
S Fröilein hinter mir lacht in den Helmfunk... oder lacht die mich aus?
Man weiss es nicht.

Wir, bzw. ich verfahre mich nochmals.
Tolle Aussicht zwar, aber nicht das was wir wollen.


Jetzt wollen wir drei Dinge, Bier, Dusche, Pizza.
Die Reihenfolge ist verhandelbar, solange Bier an erster Stelle kommt.

Wir finden das Hotel dell Angelo sei gar nicht mal so schlecht gelegen an der Piazza Grande.
Das Zimmer mit Balkon dürfte während dem "Moon and Stars" wohl ein Vielfaches von dem kosten was wir heute zahlen.


Wie war noch mal die Reihenfolge?
Ah ja genau, wir haben uns geeinigt.

1. Bier
2. Bier
3. Pizza
4. Bier
5. ev Dusche


Wir sind so gegen zehn im Bett.
Barcelona spielt gegen Juve.. was man so hört gewinnt Barca.



Man hört es oft und man hört es lange. Hotel an zentraler Lage halt.
Gegen ein Uhr ist dann Ruhe, bevor um ca. sechs Uhr die Müllabfuhr beseitigt, was vom Vortag übrig geblieben ist.


Wir machen uns auf ans Frühstück. Frotzeln über die anderen Hotelgäste und denken uns Geschichten zu deren Leben aus.


Gegen zehn sind die Pferde gesattelt und wir reiten los.

28 Grad und es wird noch heisser.

Wir sind unterwegs zum Lukmanier. Tanken und Öl auffüllen bei der Dicken. Der Form halber auch ein wenig Benzin nachfüllen beim Luuszapfe.
Ok, Öl braucht auch der kleine.

Wir nehmen für ein kurzes Stück die Autobahn. Ziemlich viel Verkehr. Ob die wohl alle wissen was sie in kürze erwartet?
Das ihr Heimweg sich um mindest eineinhalb Stunden verlängern wird?

31 Grad und es wird noch heisser.

Wir sind auf der Passtrasse... oder dem was davon noch übrig ist. Betonplattenstrasse mit unendlichen Bitumen Schmierereien. Dennoch ist der Lukmanier ein toller Pass.



Wir fahren weiter nach Disentis, vorbei am bekannten Kloster und fahren hoch zum Oberalppass mit dem markanten Leuchtturm auf der Passhöhe.
Auf der Passhöhe halten wir nur kurz fürs obligate FMS Pässewettbewerb Foto.
Wir wollen weiter. Wollen noch einmal über den Gotthard und auf der anderen Seite wieder hoch über den Nufenen.

Unterwegs nach Andermatt halten wir kurz um die Aussicht zu geniessen und um einer deutschen Urlauberin zu erklären, das der Zug den sie sieht, der Glacier Express sei, dieser richtig bemerkt, das Matterhorn aufgemalt habe, sie das Matterhorn von hier aus aber nicht sehen könne.


Wir fahren mitten durch Andermatt. Der Ort hat sich gemacht.
Da könnte man gut Urlaub machen denke ich.

Also nochmals rauf auf den Gotthard und auf der anderen Seite wieder runter.
Hat noch genau so wenig Verkehr wie gestern, Schnee hats auch immer noch und Spass macht es ebenfalls genau so wie gestern.

Nufenen. Ich fahre ihn gerne als alternative zum Gotthard.
Polizei unterwegs wird uns signalisiert.
Ah ja genau, da steht er, in Hemd und Hose.
Kontrolliert einen Hinterreifen. Was er sieht scheint ihm nicht zu gefallen.
Apropos Hemd und Hose... Ich weiss nicht ob ich mich so auf ein Motorrad setzen würde.
Er tuts anscheinend. Seine BMW "tausendschlagmichtot" steht neben ihm.

Unbehelligt erreichen wir die Passhöhe.

16 Grad, 14:30 Uhr




Nufenen, Obergestlen, Gletsch.
Unterwegs gibts Hunger und Durst und wir machen Rast in der Rhonequelle.
Ein Restaurant mitten in einer "Applauskurve"

Etwas abseits davon ein herziges Teichlein.


Walliser Käseschnitte, Caprese Salat.
Gepfefferte Preise verglichen mit Locarno.

Es ist mittlerweile 16 Uhr und wir machen uns auf den Heimweg.
Also nochmals über den Grimsel und weiter über den Brünig, Luzern, Sursee.
Unterwegs ist einer der Tunnels wegen eines Unfalls geschlossen.
Es gibt Stau, wir schwitzen und hoffen das nichts schlimmes passiert ist.

18 Uhr sind wir zuhause.

Während ich mit schreiben beschäftigt bin, beginnt es zur regnen.
Es kühlt ab, blitzt und donnert.
Genau das Wetter also das wir gestern erwartet hatten.

Schwein gehabt.